Die digitale Diät

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Heute früh schon im Bett daran gedacht, WhatsApp zu checken? Während der Yogastunde überlegt, wie viele Likes das letzte Status-Update einbringt? E-Mails und Google News im 20-Minuten-Takt checken?

Wir bekennen uns schuldig: unser digitales Leben ist außer Kontrolle geraten! Es wird Zeit nach Heilmitteln Ausschau zu halten.

FOMO & Co.

Nur nichts verpassen

Die meisten Smartphone-User kennen sie: die "FOMO" (= fear of missing out = Angst etwas zu verpassen). Dahinter stecken mehrere Dinge. Unter anderem, dass jedes Mal das Belohnungssystem aktiviert wird, wenn wir eine neue Nachricht bekommen.

Ein wandlungsfähiges Problem

Die Angst etwas zu verpassen kann verschiedenste Gestalten annehmen. Ein paar Beispiele:

  • ständiges Checken und Aktualisieren von Nachrichtenseiten und Newsfeeds jeglicher Art (dazu gehören auch Whatsapp und Facebook)
  • Beklemmung wenn das Smartphone zuhause vergessen wurde
  • sofortiges Beantworten aller eingegangenen Nachrichten
  • andere Leute mit Nachfragen nerven, weil sie die Nachricht zwar gelesen, aber noch nicht beantwortet haben
  • genervt sein wenn im Urlaub der WLAN-Empfang im Hotel nicht gut ist (oder noch schlimmer: gar kein Internet!)
  • mit dem Smartphone hantieren, wenn das Kind ("es") mit einem Spielen will
  • Beim Netzbetreiber anrufen nur weil das Handy seit 2 Stunden keinen Empfang mehr hat
  • ...

Die "Medizin"

Keine realistische Lösung: das Smartphone entsorgen

Das Smartphone verkaufen, entsorgen oder sonst los werden? Das kommt in etwa dem Versuch gleich, kalten Entzug von Heroin durchzuziehen. Ja, das ist ein drastischer Vergleich. Aber die Smartphone-Sucht wird tatsächlich von Experten mit Drogenkonsum verglichen.

Außerdem ist es in der heutigen Welt unpraktikabel, komplett auf das Smartphone zu verzichten. Von sozialer Isolation mal abgesehen wird unser digitales Leben in den nächsten Jahren weiterhin den Turbo zünden. Die Vernetzung ist auf dem Vormarsch. Sich davon komplett abzukapseln geht momentan zwar vielleicht noch, ist aber langfristig ein großer Schritt nach hinten. Zudem wäre es doch ein Zeichen von Stärke, je nach echtem Bedarf "ja" oder "nein" sagen zu können zum Konsum. Aber wie soll das gehen?

Digitale Enthaltsamkeit

Es ist schon ein wenig merkwürdig. Der Begriff "digitales Fasten" (in Anführungszeichen gesetzt - wieso steht hier) bringt bei unserer heutigen Google-Suche schlappe 2.960 Ergebnisse. Unter den vorderen Ränken der Suchergebnisse ist ein alter Artikel aus der SZ und ansonsten kaum eine renommierte Quelle.

Dabei ist unser Leben doch immer vernetzter, schnelllebiger und digitaler. Es fehlt schlicht am richtigen Umgang mit der überwältigenden Fülle an digitaler Ablenkung. Fasten oder eine Form der Enthaltsamkeit ist daher doch mehr als naheliegend, um die Reset-Taste zu drücken und sich wieder bewusster zu werden über den Umgang mit neuen Medien.

Umsetzung

Der digitale Jojo-Effekt

Wie soll digitales Fasten in der Praxis aussehen? Denkbar wäre der komplette Verzicht für ein paar Tage oder mehrere Wochen. Zum Beispiel gleich zum neuen Jahr. Man sollte sich dabei realistische Ziele setzen. Vorhaben wie "3 Monate ohne Handy" sind zum Scheitern verurteilt. Also lieber klein anfangen.

Wie bei einer Diät hat die Sache mit dem Fasten aber einen Haken. Es droht nach dem Ende der Fastenzeit eine Rückkehr zu alten Unsitten. Oder - schlimmer noch - ein digitaler Jo-Jo-Effekt!

Bessere Alternativen

Der Königsweg ist deshalb vermutlich ein anderer: entweder jede Woche einen digitalen Fastentag einlegen. Zum Beispiel Sonntag. Oder stattdessen die Internet-Nutzung auf bestimmte Uhrzeiten begrenzen. Und somit das Problem an der Wurzel zu packen.

Ausblick

Spätestens wenn man beim Meditieren an Smartphone und Co. denkt, sollte man die Reißleine ziehen. Jeder muss für sich selbst einen Weg aus der Digitalfalle finden. Radikallösungen wie "Handy weg" sind eine gute Lösung für wenige Leute. Für uns scheint aber - wie oft im Leben - die goldene Mitte der beste Weg zu sein. Digitale Fastentage oder das Internet nur noch zu bestimmten Tageszeiten nutzen. Das sind die Methoden, die man einmal ausprobieren sollte.